Stadt kapituliert vor Falschparkern

Leser*innenbriefe an die Eßlinger Zeitung zum Artikel „Wenn das Auto plötzlich weg ist“ vom 18. März 2020

Wer in Esslingen auf Gehwegen parkt und gegen andere Park- Halte und Durchfahrtsverbote verstößt wird in den seltensten Fällen zur Rechenschaft gezogen. Ergebnis: Eine kleine Gruppe von Menschen tut das ohne jegliche Hemmungen und fühlt sich, wie der zitierte EZ-Leser, auch noch im Recht. Der EZ-Leser regt sich darüber auf, dass sein Auto „schon wenig später“ abgeschleppt wurde. Die geltende Rechtslage ist da aber unmissverständlich: Parken im eingeschränkten Halteverbot ist verboten. Halten darf man dort bis zu 3 Minuten, wenn man sein Auto im Blickfeld hat und somit bei Bedarf jederzeit wegfahren kann. Hätte der EZ-Leser das beachtet wäre sein Auto nicht abgeschleppt worden. Er behinderte offensichtlich einen Stadt Mobil-Nutzer der so das Carsharing Fahrzeug auf dem Stadtmobil-Parkplatz nicht abstellen konnte. Ein erwischter Schwarzfahrer würde wohl einen Sturm der Entrüstung auslösen, wenn er sich in der Öffentlichkeit in gleicher Weise als Opfer darstellte. Diese Reaktion ist leider symptomatisch für eine Fehlentwicklung die jetzt korrigiert werden muss. Denn traurige Realität in Esslingen ist, dass sich einige wenige Menschen mit enormer Selbstverständlichkeit Verkehrs- und Aufenthaltsraum nehmen der für andere Nutzungen reserviert ist. In ganz Esslingen parken diesen Leuten hemmungslos auf Gehwegen. Durch die Fußgängerzonen Strohstraße, Metzgerbach, Bahnhofsstraße, Marktplatz hinter dem Münster Sankt. Paul, Archivstraße-Ritterstraße und in der Küferstraße fahren, halten und parken sehr viele Autos die dafür keine Genehmigung haben. Das macht zu Fuß gehen, flanieren und Radfahren unattraktiv und teilweise sogar gefährlich. Erwiesenermaßen sind Plätze, Cafés, Restaurants und Einzelhändler in Zonen ohne Autoverkehr deutlich besser besucht. Und genau diese Lebensqualität und Sicherheit wünschen sich die überwiegende Mehrheit der Menschen in Esslingen. Deshalb haben Gemeinderat, Ordnungsamt und der Gesetzgeber eben bestehende Regeln aufgestellt. Jedoch wird deren Einhaltung in Esslingen so lückenhaft und inkonsequent überprüft und geahndet, dass dies die Sünder nicht abschreckt. Die wenigen Außendienstmitarbeiter beim Ordnungsamt geben ihr Bestes. Aber man setzt schlichtweg zu wenig Personal ein. Mit häufigeren Kontrollen könnten die geltenden Regeln durchsetzen werden und die rechtmäßigen Nutzer also Fußgänger, Gehbehinderte, Carsharing-Nutzer, Radfahrer Lieferverkehr; Pflegedienste und berechtigte Autofahrer zu ihrem Nutzungsrecht kommen. Wie viel leiser, sicherer und schöner wäre dann unser Esslingen.

Petra Schulz, Esslingen

Das verkehrswidrig geparkte Fahrzeug eines namentlich nicht genannten EZ-Lesers wurde abgeschleppt. Der gute Mann ist empört und wittert Geschäftemacherei. Dabei hat er einfach nur großes Pech gehabt. Denn Falschparken wird in Esslingen jenseits der Innenstadt nur selten geahndet. Dauerparken auf Gehwegen, im Einmündungsbereich und im Park- und Halteverbot ist an der Tagesordnung. Ganze Straßenzüge sind zu No-go-Areas geworden, in denen sich Fußgängerinnen nur unter Gefahren zwischen den manchmal abenteuerlich abgestellten Autos hindurchschlängeln können. Die Stadtverwaltung, so scheint es, hat kapituliert vor der stetig zunehmenden Masse an Kraftfahrzeugen, deren Halterinnen den öffentlichen Raum offenbar als eine einzige Gratisparkfläche betrachten. Doch es gibt kein Grundrecht auf einen Parkplatz, die Stadt ist für alle da! Fußgängerinnen müssen wieder den Platz bekommen, den sie brauchen, um sich sicher, bequem und hindernisfrei fortbewegen zu können. Dazu würde es für den Anfang schon reichen, die geltenden Regeln auch durchzusetzen und endlich konsequent gegen das Falschparken vorzugehen – nicht nur in der Innenstadt, sondern auch in den Stadtteilen. Die Kosten für das zusätzliche Personal wären sicher im Nu wieder eingespielt. Für die Förderung klimafreundlicher Fortbewegung und mehr Lebensqualität in der Stadt braucht es vor allem zweierlei: guten Willen und einen Arsch in der Hose. An beidem scheint im Esslinger Rathaus noch ein Mangel zu herrschen.

Jörg Exner, Esslingen
(gekürzt veröffentlicht in der Ausgabe vom 4.4.2020)

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